„Wiener High Society-Lady brennt mit chinesischem Prinzen durch“ – ungefähr…
Entertainer Götz Alsmann im Gespräch
Die Oper Dortmund hat am 6. Dezember 2024 ihren eigenen Instagram-Kanal eröffnet. Aus diesem Anlass trafen sich Entertainer Götz Alsmann, der in dieser Spielzeit im Ring an einem Abend sowie bei der Operngala Sechs Sträuße moderiert, und Intendant der Oper Dortmund Heribert Germeshausen zum Gespräch. Nach einem musikalischen Eröffnungsständchen von Götz Alsmann sprachen sie über den Ring an einem Abend und ihre Beziehung zu Richard Wagner.
© Anke Sundermeier
Heribert Germeshausen: Lieber Götz, du bist das ganze Jahr über in Deutschland unterwegs, in großen Städten wie München, Hamburg oder Berlin. Wir sind sehr froh, dass du in letzter Zeit auch ganz oft bei uns bist. Woran denkst du, wenn du in Dortmund bist?
Götz Alsmann: Wenn ich an Dortmund denke, fallen mir die großartigen gemeinsamen Projekte hier ein, besonders in der Oper. Es ist eine Ehre und ein Vergnügen, in einem so renommierten Haus zu arbeiten, das von den OPER! AWARDS 2023 als “Bestes Opernhaus des Jahres” ausgezeichnet wurde und jetzt den FAUST-Preis in der Kategorie “Beste Inszenierung” erhalten hat – herzlichen Glückwunsch! Dieses Haus sprüht vor Kunst, Kultur und Begeisterung – und das Publikum teilt diese Leidenschaft.
HG: Und uns ist es ein Vergnügen, dich immer wieder bei uns begrüßen zu dürfen! Aktuell für Der Ring an einem Abend, der am 8. Dezember 2024 – also heute – Premiere feiert. Kannst du dich an deine erste Begegnung mit Richard Wagner erinnern?
GA: Absolut. Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, in der zuhause häufig Schallplatten gespielt wurden. Wagner war da natürlich vertreten, besonders Der fliegende Holländer. Später, während des Studiums, haben wir uns intensiver mit Wagner auseinandergesetzt und seinen Ring-Zyklus durchlebt, manchmal auch durchlitten. Ein paar wenige hatten das Glück, nach Bayreuth fahren zu dürfen. Ich gehörte nicht dazu. Wagner war immer präsent: durch die Inszenierungen, die Auseinandersetzung damit, auch durch den Klatsch auf dem Hügel. Aber mit der Zeit lernt man, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: die Magie seiner Musik.
HG: Gibt es eine Figur im Ring, die dich besonders fasziniert?
GA: Wotan, der Göttervater. Er darf alles und kommt mit allem durch. Er ist eine komplexe Figur, macht Fehler, erlebt Rückschläge, bleibt aber trotzdem immer irgendwie souverän. So würden wir doch alle gerne sein.
HG: Ich sehe das ähnlich. Wotan repräsentiert für mich auch die Herausforderungen, die durch alte Entscheidungen entstehen. Bis zu dem Punkt, dass man manchmal Opfer der eigenen Verträge ist, die man in der Vergangenheit geschlossen hat. Aber das betrifft natürlich nicht dich!
GA: (lacht) Niemals!
HG: Der gesamte Ring-Zyklus umfasst insgesamt etwa 16 Stunden Musik. Der Ring an einem Abend ist ein Konzentrat, in dem sich alles auf nur drei Stunden verdichtet, inklusive deiner Moderation. Was erwartet das Publikum?
GA: Vor allem zunächst Loriot. Von ihm stammen Fassung und Text – und es ist ihm gelungen, Wagner sowohl humorvoll als auch zugänglich zu präsentieren, ohne die künstlerische Qualität zu beeinträchtigen. Seine Texte sind präzise und klug, die Mischung aus Kabarett und großer Kunst ist einzigartig. Das Ergebnis ist ein kurzweiliger Abend voller Eleganz und Treffsicherheit. Nichtsdestotrotz lässt sich in einer so verdichteten Version nicht alles unterbringen. Es ist also lohnenswert, sich den gesamten Ring-Zyklus von Peter Konwitschny mit dieser Wahnsinns-Besetzung anzuschauen. Auch werden viele musikalische Highlights geboten im Ring an einem Abend – aber eben nicht alle, sondern vor allem jene, die für die Erzählung notwendig sind.
HG: Gibt es ein musikalisches Stück aus dem Ring, das dir besonders am Herzen liegt?
GA: Die Szenen der Rheintöchter gefallen mir sehr. Diese kraftvolle Musik und der typische Wagner-Text haben etwas Magisches. Sie erinnern mich interessanterweise an die Hexen aus Shakespeares Macbeth – solche Dreiergespanne scheinen mich zu faszinieren.
HG: Für mich ist es Wotans Abschied. Ich hatte einmal als Jugendlicher einen Traum, in dem ich dieses Stück auf der Bühne unserer Aula gesungen habe. Ich war schwer begeistert, welche kraftvolle Stimme da aus mir herauskam und vor lauter Begeisterung darüber bin ich schließlich aufgewacht – und war dann etwas ernüchtert.
GA: Aber ein schöner Traum!
v.l.n.r.: Fritz Steinbacher, Mandla Mndebele, Ruth Katharina Peeck, Irina Simmes, Sooyeon Lee © Anke Sundermeier
HG: Im April 2024 wurde dir das Bundesverdienstkreuz verliehen, unter anderem für deinen Beitrag, Kunst und Kultur mit Politik und Gesellschaft zu verbinden. Wie schaffst du das?
GA: Es ist ein Zusammenspiel aus beruflichen, ehrenamtlichen und karitativen Aktivitäten. Ich versuche, Menschen durch eine verständliche Vermittlung von Kunst und Kultur abzuholen, die sonst vielleicht Berührungsängste hätten oder die Kunst als „zu groß“ empfinden. Ob im Theater, Fernsehen oder Radio – mein Ziel ist es, Freude an Musik und Theater zu wecken. Wenn das gelingt, gehe ich glücklich nach Hause.
HG: Ganz zum Schluss noch eine Grundsatzfrage: Warum sollte man sich überhaupt so intensiv mit Wagner beschäftigen, wie wir das an der Oper Dortmund tun – nicht „nur“ über die Inszenierungen des Ring-Zyklus, sondern darüber hinaus in dem angeschlossenen Symposion Wagner-Kosmos?
GA: Weil Wagner zeitlos ist, das Urbild eines Künstlers. Und ein Vorläufer dessen, was wir später als Autorenfilmer bezeichneten – jemand, der alles selbst gestaltet. Einige seiner Bühnenbilder oder Kostümentwürfe mögen heute überholt sein, aber seine musikalische und künstlerische Vision bleibt einzigartig und revolutionär.
HG: Jedenfalls rufen seine Originalentwürfe immer noch großes Interesse hervor. In den 1980er Jahren wurde an der Metropolitan Opera ein Ring produziert, der auf diese zurückgegriffen hat und ein gigantischer Erfolg geworden ist. Der hat Menschen dazu bewegt, extra dafür von Europa nach New York zu fliegen. Ohne Wagner wäre die musikalische Moderne undenkbar. Lieber Götz, ich danke dir vielmals für das Gespräch!