Vier Fakten zum neuen Dortmunder „Ring“-Zyklus, die Sie wissen sollten …

Vier Fakten zum neuen Dortmunder „Ring“-Zyklus, die Sie wissen sollten …

Mit seiner Tetralogie Der Ring des Nibelungen – bestehend aus den vier Abenden Das Rheingold, Die Walküre, Siegfried und Götterdämmerung – schuf Richard Wagner ein in der Operngeschichte bislang einzigartiges Gesamtkunstwerk. Anbei finden Sie vier wissenswerte Fakten zum neuen Dortmunder Ring-Zyklus in der Inszenierung von Starregisseur Peter Konwitschny, die Sie wissen sollten …

1. Veränderte Reihenfolge

Stéphanie Müther (Brünnhilde) und Daniel Frank (Siegmund) in Die Walküre (© Thomas M. Jauk).

Mit der Premiere von Richard Wagners Götterdämmerung am 18. Mai 2025 komplettiert sich der neue Dortmunder Ring in der Inszenierung von Starregisseur Peter Konwitschny. Doch warum führt die Oper Dortmund Wagners Opus magnum nicht in der vom Komponisten vorgesehenen Reihenfolge auf, sondern lässt ihren Zyklus mit Die Walküre beginnen?Tatsächlich verbirgt sich hinter dieser künstlerischen Konzeption eine ganz bewusste Entscheidung des Regisseurs Peter Konwitschny, die vier Teile des Ringes isoliert voneinander zu betrachten und jeden Abend für sich selbst stehend auf die Bühne zu bringen. Ein solcher Zugriff erlaubt der Regie zum einen eine deutlich freiere Umsetzung hinsichtlich der jeweiligen Ausstattungskonzepte – also in Bezug auf Bühne, Kostüme und die verwendeten Requisiten –, weshalb in Dortmund folgerichtig für jeden der vier Abende auch ein anderer Ausstatter verantwortlich zeichnet (Frank Philipp Schlößmann bei Die Walküre, Johannes Leiacker bei Siegfried, Jens Kilian bei Das Rheingold und Bert Neumann bei Götterdämmerung). Zum anderen folgt Konwitschny hierdurch in gewisser Weise einer – in der langen Deutungshistorie des Ringes freilich noch relativ jungen – Inszenierungstradition, die vier Ring-Teile getrennt voneinander auf der Bühne zu untersuchen und dadurch aus einer unverbrauchten Sichtweise neu zu befragen. Begründet wurde ein solcher Ansatz durch den – noch heute legendären – Ring-Zyklus 1999/2000 an der Staatsoper Stuttgart, wo unter Intendant Klaus Zehelein erstmals alle vier Teile des Rings von vier unterschiedlichen Regisseuren auf die Bühne gebracht wurden – was in der Folge zu zahlreichen geistigen „Nachfolgeprojekten“ geführt hat; etwa zum Ring 2018 in Chemnitz, bei dem vier unterschiedliche Regisseurinnen eine spezifisch weibliche Sicht auf Wagners Tetralogie warfen. In Dortmund hingegen zeichnet mit Peter Konwitschny lediglich ein Regisseur – mit wechselnden Ausstattern – für alle vier Ring-Teile verantwortlich – die allerdings, zur Verdeutlichung des oben beschriebenen Ansatzes, von diesem in einer bewusst veränderten Reihenfolge auf der Bühne präsentiert werden.

2. Festival Wagner-Kosmos

Alina Wunderlin (Waldvogel) und Denis Velev (Fafner) in Siegfried (© Thomas M. Jauk).

Apropos „veränderte Reihenfolge“: Besonders am neuen Dortmund Ring des Nibelungen ist nicht allein die veränderte Reihenfolge, in der die vier Ring-Teile auf der Bühne gezeigt werden. Wahrhaft einzigartig wird der neue Dortmunder Ring-Zyklus erst durch seine übergeordnete künstlerische Einbettung als Teil der spielplangestalterischen Gesamtkonzeption des von Opernintendant Heribert Germeshausen eigens erdachten Festivalformats Wagner-Kosmos. Bei diesem hat die Oper Dortmund in den vergangenen Spielzeiten jedes Jahr im Mai – stets in engem zeitlichem Kontext zu Richard Wagners Geburtstag – ein Festival mit angeschlossenem Symposion veranstaltet, das Wagner mit Neuinszenierungen historisch wichtiger oder zukunftsweisender Werke von Vorläufern, Zeitgenossen, Antipoden und Nachfolgern des Komponisten in Verbindung gesetzt hat. Dabei handelte es sich bei den die einzelnen Ring-Premieren flankierenden Werken zumeist um Deutsche Erstaufführungen, vereinzelt auch Uraufführungen sowie um Werke aus der Strömung des sogenannten Wagnérisme, die seit ihrer Uraufführung vor über einhundert Jahren nicht mehr erklungen sind und die daher – vielfach in Zusammenarbeit mit dem Palazzetto Bru Zane – für ein heutiges Publikum neu erschlossen worden sind. Hierbei sind insbesondere die von der Zeitschrift Opernwelt als „Wiederentdeckung des Jahres“ ausgezeichnete Produktion von Ernest Guirauds / Camille Saint-Saëns’ Frédégonde oder die mit einem FAUST-Preis in der Kategorie „Inszenierung Musiktheater“ prämierte Produktion von György Kurtágs Fin de Partie (Endspiel) als Szenische Deutsche Erstaufführung zu nennen. In den das alljährliche Festival jeweils rahmenden Symposien wurden zudem die unterschiedlichsten Gastvorträge und Kolloquien zu den aufgeführten Werken, verschiedenste Diskussionsrunden – etwa zur Tonträgerrezeption oder auch zur szenischen Interpretation des Ringes – sowie spannende Begegnungen mit namhaften Kunst- und Kulturschaffenden geboten. Beim aktuell anstehenden Wagner-Kosmos VI (22.–25. Mai 2025) werden durch die anstehende Komplettierung des neuen Dortmunder Ringes erstmals in der Geschichte des Festivals ausschließlich Opern aus der Feder Richard Wagners erklingen, bevor dann beim nachfolgenden Wagner-Kosmos VII im Mai 2026 zum ersten Mal eine Ausgabe mit einem Schwerpunkt auf den Werken komponierender Frauen auf dem Programm stehen wird (nämlich der Szenischen Deutschen Erstaufführung von Clémence de Grandvals Mazeppa und der Uraufführung von Sarah Nemtsovs WIR).  

3. Zwei komplette Zyklen

Ks. Morgan Moody (Donner) in Das Rheingold (© Thomas M. Jauk).

Nach der Dortmunder Premiere von Götterdämmerung am 18. Mai steht vom 22.–25. Mai schließlich die erste von insgesamt zwei zyklischen Aufführungen aller vier Teile von Der Ring des Nibelungen auf dem Spielplan der Oper Dortmund. Wie vom Komponisten intendiert, findet diese erste Aufführungsserie an vier direkt aufeinanderfolgenden Tagen –im Rahmen des alljährlichen Festivals Wagner-Kosmos – statt. So weit, so klar. Bei der Aufführung des zweiten und letzten vollständigen Zyklus hat sich die Oper Dortmund hingegen etwas ganz Besonderes einfallen lassen, um den Besuch aller vier Ring-Teile auch einem Publikum zu ermöglichen, dass nicht dazu in der Lage (oder in der Laune) ist, vier aufeinanderfolgende Tage für jeweils mehrere Stunden in einem Opernhaus zu verbringen: Denn wird der zweite Dortmunder Zyklus von Der Ring des Nibelungen, aufgeteilt auf zwei Blöcke, an vier voneinander separierten Terminen gespielt werden – nämlich am Donnerstag, 29.05. (Die Walküre), Samstag, 31.05. (Siegfried), Samstag, 07.06. (Das Rheingold) und Sonntag, 08.06. (Götterdämmerung). Wer sich also zwischen den einzelnen Ring-Teilen eine längere Atempause genehmigen möchte, liegt mit dem 2. Ring-Zyklus goldrichtig.

4. 1 plus 3 macht 4

Anna Lapkovskaja (Waltraute) und Stéphanie Müther (Brünnhilde) in Götterdämmerung (© Thomas M. Jauk).

Mit dem neuen Dortmunder Ring des Nibelungen bringt Regielegende Peter Konwitschny seinen ersten vollständigen Zyklus von Wagners Tetralogie auf die Bühne. Denn bislang hatte der Ausnahmeregisseur – der, ganz nebenbei bemerkt, erst im vergangenen Januar seinen 80. Geburtstag feierte und jüngst bei den Oper! Awards sogar mit einem Ehrenpreis für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde – lediglich Götterdämmerung inszeniert. Diese noch heute legendäre Inszenierung, die 2000 an der Staatsoper Stuttgart herauskam, hat bis heute nichts von ihrer damaligen Strahlkraft und interpretatorischen Tiefe eingebüßt, wodurch die Produktion (als Übernahme der legendären Stuttgarter Originalproduktion aus dem Jahr 2000) den neuen Dortmunder Ring-Zyklus beschließt – wenn natürlich auch in einer sängerischen Neueinstudierung. Bei den übrigen drei Ring-Teilen (Die Walküre, Siegfried und Das Rheingold) handelt es sich hingegen vollständig um Dortmunder Eigen- bzw. Neuproduktionen, die von Peter Konwitschny speziell für und in Dortmund geschaffen worden sind. 

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