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7 Dinge über „Die Hochzeit des Figaro“, die Sie (vielleicht) noch nicht wussten …
Ab dem 21.09.2025 steht Wolfgang Amadeus Mozarts Le nozze di Figaro (Die Hochzeit des Figaro) in einer Neuinszenierung von Regisseur Vincent Boussard auf dem Spielplan der Oper Dortmund. Hier finden Sie 7 Hintergründe zu Werk, Komponist und Aufführungsgeschichte, die Sie (vielleicht) noch nicht wussten …
1. Oper in Serie

Lieferte die literarische Vorlage zu Mozarts Figaro: der Hofbeamte, Schriftsteller, Musiker, Verleger und „Lebenskünstler“ Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais.
Mozarts am 1. Mai 1786 uraufgeführte Oper basiert auf dem zweiten Teil der sogenannten Figaro-Trilogie, einer dreiteiligen Dramenfolge aus der Feder des seinerzeit berühmten französischen Schriftstellers Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais. Diese besteht aus den Theaterstücken Le Barbier de Séville ou La précaution inutile (1775), La folle journée ou Le mariage de Figaro (1784) und LʼAutre Tartuffe ou la Mère coupable (1792) und lieferte die Vorlage zu gleich mehreren Musiktheaterwerken. So stellt etwa Gioachino Rossinis 1816 entstandene Oper Il barbiere di Siviglia (Der Barbier von Sevilla) eine Vertonung des ersten Teils der Figaro-Trilogie dar, worin die Vorgeschichte zu Die Hochzeit des Figaro erzählt wird – Prequels waren demnach bereits lange vor dem modernen Kino- und Netflix-Zeitalter angesagt …
2. Kongeniale Zusammenarbeit

Lorenzo Da Ponte
Mit Die Hochzeit des Figaro eröffnete Mozart seine legendär gewordene Trias aus tragikomischen „Meisteropern“, die er allesamt auf Textbücher seines kongenialen Dichterkollegen Lorenzo Da Ponte verfasste: Nach Die Hochzeit des Figaro (1786) schrieb dieser auch die Libretti zu Mozarts Don Giovanni (1787) und Così fan tutte (1789).
3. Formale Perfektion

Zeichen anhaltender Verehrung: das Mozartdenkmal im Wiener Burggarten.
In seinen reifen Bühnenwerken, wozu der Figaro zweifellos gezählt werden darf, verstand es Mozart in bis dahin ungekannter Meisterschaft, eine fein psychologisierte Figurenzeichnung und hohe dramaturgische Raffinesse mit einer nahezu perfekt ausbalancierten musikalischen Struktur zu verbinden: So stehen bei insgesamt 28 Gesangsnummern der Figaro-Partitur 14 Solonummern (Arien) ebenso vielen Ensemblenummern (Duette, Terzette usw.) gegenüber – die Ouvertüre sowie die Wiederholung des Chores Nr. 8 nicht mitgerechnet.
4. Erfolg mit Folgen

Schauplatz für gleich mehrere von Mozarts größten Erfolgen: das historische Ständetheater in der Prager Altstadt.
Nach ihrer Uraufführung im Wiener Burgtheater, die vom Hof eher kühl aufgenommen worden war, gestaltete sich die nachfolgende Prager Erstaufführung des Figaro für Mozart zu einem bahnbrechenden Sensationserfolg. So schrieb dieser im Januar 1787 stolz an seinen Wiener Freund Gottfried von Jacquin: „Hier wird nichts gesprochen als vom – Figaro. Nichts gespielt, geblasen, gesungen und gepfiffen als – Figaro. Keine Oper besucht als – Figaro und ewig Figaro. Gewiss, große Ehre für mich.“ Der Erfolg in Prag war so immens, dass er Mozart sogar den Kompositionsauftrag für seine nächste Oper Don Giovanni einbrachte, die bereits wenige Monate später im dortigen Ständetheater (heute Gräflich Nostitzsches Nationaltheater) mit ebenso großem Erfolg uraufgeführt werden sollte.
5. Der Rest ist Schweigen

Le mariage de Figaro, 5. Akt, Szene 19 (Abb. nach Saint-Quentin, 1785)
Aufgrund diverser zeitkritischer Spitzen galt Beaumarchaisʼ Le mariage de Figaro zunächst als aufrührerisches Skandalstück, dessen Aufführung in Wien durch den Kaiser verboten worden war. Erst durch Lorenzo Da Pontes Fürsprache soll dieser davon überzeugt worden sein, einer Vertonung des Stoffes durch Mozart zuzustimmen – nachdem ihm von Da Ponte versichert worden war, dass dieser alle Passagen aus dem Text entfernen würde, an denen ein adeliges Publikum Anstoß nehmen könnte. Berüchtigt an Beaumarchaisʼ Komödie war vor allem Figaros großer Monolog im 5. Akt, worin dieser unverhohlen Ständegesellschaft und Geburtenadel anprangert. Tatsächlich wurde genau diese Textpassage von Da Ponte ausgespart, um kein Verbot der Oper durch die kaiserlichen Zensurbehörden zu riskieren. Lediglich der relativ unverfängliche Beginn besagten Monologs wird von Mozarts Figaro zunächst beinahe wortwörtlich zitiert (in Gestalt der von einem Accompagnato-Rezitativ eingeleiteten Arie „Aprite un poʼ quegli occhi“), allerdings nur, um exakt an der bedenklichen Textstelle abrupt abzubrechen – Figaro verpasst sich stattdessen selbst einen Maulkorb, indem er sein begonnenes Räsonieren mit den markanten Worten enden lässt: „Den Rest sage ich nicht, denn jeder kennt ihn bereits …“ („Il resto nol dico, già ognuno lo sa …“). Das Publikum wird diesen zeitkritischen „Wink mit dem Zaunpfahl“ zweifelsfrei verstanden haben.
6. Auf Augenhöhe

Geprägt von sozialer Ungleichheit: die Ständegesellschaft des 18. Jahrhunderts.
Selbst in der – gegenüber dem französischen Original – deutlich „entschärften“ Librettofassung Da Pontes, beinhaltete Die Hochzeit des Figaro für ein Publikum des 18. Jahrhunderts noch immer eine nicht zu unterschätzende Portion Sozialkritik – widerlegt die Handlung des Stückes doch eindringlich die zur damaligen Zeit behauptete Konvergenz von Geistes- und Geburtenadel: Mit dem Grafen Almaviva steht ein spanischer Edelmann im Zentrum der Geschehnisse, der seine Ehefrau zu betrügen und der Verlobten seines Dieners Figaro nachzustellen versucht – und dafür am Ende vor aller Welt bloßgestellt wird. Auch wenn Da Ponte einige der heikelsten Textpassagen in seinem italienischen Librettotext aussparte, so tat Mozart dennoch sein Möglichstes, um – ohne einen Konflikt mit den Zensurbehörden zu riskieren – den subversiven Charakter von BeaumarchaisʼVorlage treffsicher einzufangen – wenn auch nicht immer auf der textlichen, so doch umso mehr auf der musikalischen Ebene: Eigentlich hätte, den Opernkonventionen des 18. Jahrhunderts entsprechend, die Partie des Grafen für einen Tenor notiert werden müssen. Doch legte Mozart dessen Partie, genau wie die seines Kammerdieners Figaro, für einen Bariton an. Die Botschaft ist klar: Beide Antagonisten begegnen sich, trotz unüberwindlicher Standesunterschiede, auf gleicher Stimm- und damit Augenhöhe.
7. Wiedersehen und Kennenlernen

Bereichern das Dortmunder Figaro-Ensemble auf der Bühne: die Countertenöre Maayan Licht (© Eyal Regev) und Samuel Mariño (© Olivier Allard).
Mit Die Hochzeit des Figaro eröffnet die Oper Dortmund am 21. September 2025 ihre neue Spielzeit. Hierbei trifft das Publikum sowohl auf alte Bekannte als auch auf neue Gesichter: Derweil die Inszenierung in den bewährten Händen von Regisseur Vincent Boussard liegt, dessen La traviata in der vergangenen Saison von Publikum und Presse gleichermaßen gefeiert wurde, startet Dortmunds neuer Generalmusikdirektor Jordan de Souza mit dieser Produktion in seine erste Dortmunder Opernsaison. Und mit Maayan Licht und Samuel Mariño bereichern gleich zwei Countertenöre als Gäste das Dortmunder Opernensemble, die in alternierender Besetzung die Partie des liebestollen Pagen Cherubino verkörpern werden.