10 Dinge, die Sie über Songs For A New World wissen sollten

Bald ist es so weit: Mit Songs For A New World kommt endlich wieder ein neues Musical auf die Bühne der Oper Dortmund! Regisseur Gil Mehmert, der schon mehrfach bewiesen hat, dass er eine absolute Koryphäe auf diesem Gebiet ist, wird den besonderen Abend gemeinsam mit dem Musikalischen Leiter Christoph JK Müller und Kostümbildner Falk Bauer (– seine unglaublichen Kostüme waren zuletzt in Jekyll & Hyde zu bewundern –) für Sie in Szene setzen. Da das Werk von Jason Robert Brown vielleicht nicht zu den allerbekanntesten Musicals in Deutschland zählt, nutzen Sie doch diese zehn interessanten Punkte, um sich etwas näher damit auseinanderzusetzen. Viel Spaß beim Lesen und bis bald in Ihrer Oper Dortmund!

1) A New World: Ein echtes New York-Musical


Jason Robert Brown © Matthew Murphy

Jason Robert Brown ist der Mann – bzw. Komponist – der Corona-Stunde: Mit The Last Five Years und Songs For A New World hat er gleich zwei Stücke in seinem Œuvre, die sich durch ihre kleine Besetzung perfekt für eine Umsetzung unter den aktuellen Auflagen eignen. Und mehr noch: Auch inhaltlich greift er darin absolut den Geist der Zeit auf, wie noch zu sehen sein wird. Dabei ist der Künstler ein New Yorker durch und durch und auch das Stück ist wie eine Hommage an diese Stadt. 1970 geboren und in der Nähe von New York aufgewachsen, studierte Jason Robert Brown Komposition an der Eastman School of Music in Rochester, N.Y. bei Samuel Adler, Christopher Rouse und Joseph Schwantner. Mit 20 Jahren ging der Komponist, Textdichter, Dirigent, Arrangeur, Orchestrator, Regisseur und Performer nach New York, um sich dort seiner Karriere zu widmen. Seinen ersten großen Erfolg hatte er mit Songs For A New World, dessen Uraufführung am 11. Oktober 1995 am WPA Theatre (Workshop of the Players Art) in New York stattfand. Einige Jahre später hatte er sich bereits vom Off-Broadway zum Broadway vorgearbeitet und gewann tatsächlich direkt mit seinem ersten Broadway-Musical Parade 1999 den Tony Award für die beste Originalkomposition. Wesentlich bekannter ist allerdings das bereits erwähnte The Last Five Years (Die letzten fünf Jahre), worin der Komponist seine erste gescheiterte Ehe verarbeitete. Mit seiner zweiten Frau, der Komponistin Georgia Stitt, und seinen Töchtern lebt Jasob Robert Brown heute noch immer in New York City und ist mittlerweile zu einem bedeutenden Teil der dortigen Künstler:innengemeinde geworden: Die New York Times nennt ihn ein „führendes Mitglied einer neuen Generation von Komponisten, die die Hoffnung des amerikanischen Musicals verkörpern“ und er wird oft als Vertreter einer „neuen Schule“ von Theater- und Musicalautoren bezeichnet. 2018 gewann er den Louis Auchincloss Prize, der vom Museum of the City of New York an Schriftsteller:innen und Künstler:innen verliehen wird, deren Arbeit von den fünf New Yorker Bezirken inspiriert wird und diesen dadurch ein geistiges Denkmal setzen. Mit Songs For A New World ist Jason Robert Brown diesen Anforderungen gleich mehrfach gerecht geworden: Das Stück ist genauso vielschichtig, abwechslungsreich und temporeich wie die Stadt. Der junge Mann aus der Bronx bekommt darin ebenso eine Stimme wie die frustrierte Frau aus der Park Avenue – einmal ganz davon abgesehen, dass die Stadt New York in der Historie das Sinnbild par excellence für einen hoffnungsvollen Neuanfang war. Doch nicht nur inhaltlich erfüllt das Werk diese Ansprüche, auch die Musik des Mitglied der Dramatists Guild and the American Federation of Musicians Local 802 greift den Charakter der Stadt auf. Jason Robert Browns vielgestaltiger Kompositionsstil vereint Anklänge an Swing, Gospel, Folk-Rock, Rhythm and Blues sowie Funk in sich und ergibt auf diese Weise ein tönendes Kaleidoskop der amerikanischen Metropole.

2) Der Name ist Programm: Ein ‚song cycle‘

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Das Genre des Liederzyklus kennt man vor allem aus der klassischen Musik: Beethovens An die ferne Geliebte oder Schuberts Winterreise sind aus dem Kammermusikrepertoire kaum wegzudenken. Dabei steht in der Regel ein:e hochmotivierte:r Sänger:in neben einer/m Pianist:in auf der Bühne und bietet mit hochkonzentriertem Gesicht ihre/seine Kunst dar. Das ist oft schön und auch beglückend, doch hat dies mit der Art des Liederzyklus, wie es Songs For A New World einer ist, so ziemlich gar nichts zu tun. Hier gibt es zwar ebenfalls eine große Anzahl für sich selbst stehender und in sich geschlossener Lieder, die erst nebeneinander ein großes Ganzes ergeben, doch das waren auch schon alle Gemeinsamkeiten. Die Songs für seine Musicalrevue komponierte Jason Robert Brown teilweise extra für das Stück, teilweise aber auch für andere Musicals oder das Kabarett. Er sammelte die 19 sehr unterschiedlichen Nummern, überarbeitete sie gegebenenfalls und stellte sie zu einer festen Reihenfolge auf. Den ersten Song, mit dem der Abend eröffnet wird, schrieb er als letztes: Darin verband er die Hauptthemen des Stückes, um das Publikum bereits im Opening auf die Vielzahl der bevorstehenden Eindrücke aufmerksam zu machen. Statt eines einzelnen Klaviers setzt Brown gleich eine ganze Band auf die Bühne oder in den Graben, je nach Setting oder den Möglichkeiten der Bühne. In der Vergangenheit gab es bereits die ein oder andere (halb-)konzertante Aufführung des Zyklus, doch ein versierter Regisseur wie Gil Mehmert lässt es sich natürlich nicht nehmen, aus den anspruchsvollen Gesangsnummern eine Vielzahl an szenischen Aktionen herauszukitzeln. Dabei herausgekommen ist ein Abend, der eigentlich aus 16 Mikro-Musicals und drei Überleitungssequenzen zu bestehen scheint: Jede Nummer erzählt in kurzer Zeit eine eigene Geschichte und spielt mit den Möglichkeiten, die innerhalb einer Corona-konformen Inszenierung möglich sind. So virtuos, wie die Gesangsparts sind, ist auch das szenische Spiel: Mit großem Tempo und ebenso großer Intensität tauchen die vier Darsteller:innen in ihre verschiedenen Rollen und bieten so einen rasanten, abwechslungsreichen und packenden Musicalabend.

3) Eine schicksalhafte Begegnung: Daisy Prince und ihr Onkel

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Als Jason Robert Brown mit 20 Jahren hoffnungsvoll nach New York kam, zog er nach Greenwich Village, um ein Broadway-Musical zu schreiben. Dies ging jedoch leider nicht so schnell von statten, wie er es sich gewünscht hätte, und auch die großen Einnahmen blieben zunächst aus. Um über die Runden zu kommen, nahm er einen Job als Pianist in einer verrauchten Bar an und spielte Abend für Abend für das New Yorker Kneipenpublikum. Wer weiß, vielleicht hat er dort einige Szenen miterlebt, die ihn später zu seinem Musical inspirierten? Eines Nachts, zwei Jahre später, kam die junge Theaterregisseurin Daisy Prince in die Bar und Brown spielte einen seiner eigenen Songs für sie. „Toller Song“, sagte sie. „Du solltest eine Kopie an meinen Onkel Steve schicken.“ „Onkel Steve?“ wunderte sich Brown. Doch etwas später wurde ihm dann klar: Daisy Prince war die Tochter des legendären Broadway-Regisseurs Harold Prince. Und „Onkel Steve“ war niemand geringeres als Stephen Sondheim, der jahrelang mit Harold Prince zusammengearbeitet hatte. So kam es, dass sich der junge Musiker und die ambitionierte Theaterschaffende zusammentaten, um einen eigenen Musicalabend zu kreieren. Herausgekommen ist dabei der turbulente ‚song cycle‘ Songs For A New World ebenso wie eine enge Verbindung zwischen Sondheim und seinem ehrgeizigen Kollegen.

4) Klingende Geschichte: Historie im Musical

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Die Inszenierung entscheidet sich bewusst dagegen, die historischen Bezüge des Stückes sichtlich aufzugreifen, denn sie möchte den Zuschauer:innen zugänglichere Ansatzpunkte liefern. Dennoch soll an dieser Stelle die Gelegenheit genutzt werden, um über die konkreten Ereignisse, die als Inspiration für die Songs dienten, zu sprechen. Zwei der insgesamt sechzehn verschiedenen Szenen werden nämlich in ihrem Titel ganz exakt verortet: in den Jahren 1492 und 1775. Die realen Situationen, die in diesen Jahren stattgefunden haben, sind für uns heute zu einer Metapher geworden, die uns nicht nur psychisch sondern auch geradezu physisch Anteil an dem Geschehenen nehmen lässt und sich dadurch quasi allgemeingültig übertragen lässt.

Die erste Situation findet während des Lieds „Auf dem Deck eines spanischen Segelschiffes“ statt und spielt in dem schicksalsträchtigen Jahr 1492. Das hier erwähnte Schiff könnte die ‚Santa Maria‘ gewesen sein, mit der Christoph Kolumbus zu seiner ersten Expedition aufgebrochen ist. Auf dieser Reise, die zwischen 1492 und 1493 stattfand, versuchte er einen westlichen Weg nach Ostasien zu finden. Das Schiff mit den drei Masten, fünf Segeln und 39 Mann Besatzung brachte ihn jedoch nicht zum anvisierten Ziel, sondern nach Amerika (wenn auch nicht auf den Kontinent, sondern zu den Inseln am nordöstlichen Rand der Bahamas). Darüber hinaus lieferte es aber auch einen handfesten Beitrag zur Eroberung des Landes, denn als es am 25. Dezember 1492 auf eine Sandbank vor den heutigen Staaten Haiti und Dominikanische Republik auflief, wurde sein Holz für den Aufbau der ersten spanischen Siedlung auf amerikanischem Boden verwendet. Im gleichen Jahr gab es aber noch weitere Schiffe, die vom spanischen Festland aufbrachen und deren Passagiere die Protagonisten des Songs sein könnten. Denn mit Hilfe des sogenannten Alhambra-Edikts versuchten die beiden katholischen Könige Isabella von Kastilien und Ferdinand II. von Aragon, die Juden aus allen spanischen Territorien zu vertreiben. Die Menschen bekamen zwar noch die Chance, bis zum 31. Juli des Jahres zum Christentum überzutreten – wer sich jedoch innerhalb der vier Monate nicht dazu entschloss, musste all seine Habseligkeiten verkaufen und das Land verlassen. Die genaue Zahl der Geflüchteten ist unbekannt und changiert zwischen 130.000 und 300.000 Vertriebenen. Doch egal, welche Zahl die richtige ist, sicher ist, dass zahlreiche Schiffe das Land verließen und ihre Passagiere mit sehr gemischten Gefühlen in eine ungewisse Zukunft starteten.

Ebenso konkret ist die zweite Situation, die eine Flaggenmacherin im Jahr 1775 porträtiert. Der amerikanische Unabhängigkeitskrieg hatte gerade erst begonnen und sollte noch bis 1783 andauern. Die Auseinandersetzungen zwischen den amerikanischen Siedler:innen und der britischen Kolonialmacht hatten sich immer mehr verschärft, bis sie am 18. April 1775 eskalierten und den Krieg loslösten: Britische Truppen waren aus Boston ausgezogen, um Vorratslager von Rebellen auszuheben, dabei trafen sie auf Gruppen bewaffneter Siedler. Die Situation schaukelte sich hoch und plötzlich wurde ein Schuss abgefeuert – welche Seite begann, ist unbekannt. Diese Gemetzel von Lexington und Concord endeten damit, dass sich die Briten nach Boston zurückzogen und dort belagert wurden. Auf Seiten der aufständischen Siedler zogen 2,5 Millionen Männer in den Kampf, die am Anfang weder über finanzielle Mittel noch über Kriegsmaterial verfügten. Die britische Armee setzte sich aus gut 30.000 Söldnern zusammen, die überwiegend aus deutschen Staaten stammten. Die Frauen konnten kaum etwas zum Ausgang des furchtbaren Geschehens beitragen und wurden meist mit ihrer zermürbenden Angst und Verzweiflung allein gelassen. Um sich von den eigenen düsteren Gedanken abzulenken, begannen viele mit der Anfertigung von Flaggen. Der Grund, warum die so schlecht ausgerüstete amerikanische Armee am Ende dennoch gewann, sehen viele in dem Ziel, das sie verfolgten: Freiheit. Und das Symbol der amerikanischen Soldaten für diese Freiheit war ihre Flagge, die ihnen das Ziel stets vor Augen hielt. Ihr Ursprung liegt in der ‚Sons of Liberty Flag‘, die ab 1775 von Aktivisten genutzt, um die Einheit der Kolonien zu demonstrieren. Sie bestand anfangs aus neun vertikalen Streifen, die abwechselnd rot und weiß eingefärbt waren. Während der ersten Jahre der Revolution setzte sich zunehmend die Continental Flag durch, die auch als Grand Union Flag bekannt ist. Sie enthielt zusätlich den britischen Union Jack im Gösch. Damit ließ sie durch Aufnähen von weißen Streifen relativ einfach aus dem Red Ensign der britischen Marine fertigen. Am 4. Juni 1777 legte man schließlich fest, dass die Flagge dreizehn Streifen enthalten muss, die abwechselnd rot und weiß eingefärbt werden. Zudem soll die Einheit der Staaten durch dreizehn Sterne repräsentiert werden, die sich in einem blauen Feld befinden. Im Lauf der Jahre kamen immer mehr Staaten zu Amerika hinzu, sodass die Flagge stetig um Sterne erweitert werden musste. Am 4. Juli 1960 wurde sie zuletzt geändert, da kurz davor Alaska und Hawaii zum 49. bzw. 50. Bundesstaat der Vereinigten Staaten erklärt wurden. Seitdem ist sie unverändert.

5) 16 Geschichten an einem Abend: Worum gehtʼs?

© Laura Knoll

Wie bereits angedeutet, werden in dem rasanten Liederzyklus gleich 16 verschiedene ‚Kurzgeschichten‘ auf die Bühne gebracht, die einen besonderen Moment im Leben ganz unterschiedlicher Menschen in den Fokus stellen. Die Szenen selbst sind mehr oder weniger konkret angelegt und können – wie bei einem Liederabend üblich – auch durchaus konzertant aufgeführt werden. Aber dieser Abend will natürlich mehr: Unter der gleichermaßen erfahrenen wie hochanspruchsvollen Regie von Gil Mehmert werden auch die tiefersitzenden Ebenen der Songs bloßgelegt und packende, ergreifende oder komische Situationen kreiert. Diese fordern von den Darsteller:innen großes schauspielerisches Talent – und zwar auf den Punkt. Als kleiner Vorgeschmack sollen hier die einzelnen Nummern kurz vorgestellt werden, damit die Vorfreude auf den Vorstellungsbesuch noch etwas intensiver wirken kann.

Die neue Welt (Opening: The New World): Vier Menschen begeben sich gemeinsam – und doch allein – auf eine ungewisse Reise. Eine aufgeregte Aufbruchsstimmung und die Neugier auf das Unbekannte verbinden sie.

Auf dem Deck eines spanischen Segelschiffes, 1492 (On Deck of a Spanish Sailing Ship, 1492): Die Passagiere eines Segelschiffes, vielleicht der Santa Maria, sind schon seit vielen Tagen auf See und kämpfen ums Überleben. Der Kapitän ist sich seiner Verantwortung für sie bewusst und betet genau wie die Übrigen um göttlichen Beistand.

Nur ein Schritt (Just One Step): Eine Frau lebt in einem Penthouse in der Park Avenue, New York, und fühlt sich von ihrem Mann Murray nicht mehr geliebt. Mit letzter Verzweiflung versucht sie seine Aufmerksamkeit zu erregen, indem sie ihm damit droht, sich vom Dach in den Tod zu stürzen.

Ich hab nie Angst (Iʼm Not Afraid): Eine junge Frau rekapituliert an ihrem Hochzeitstag die Ängste ihrer Freundinnen und der Familie. Sie wundert sich sehr darüber, da sie sich selbst vor nichts fürchtet. Doch auch ihr Verlobter David hat Angst vor Nähe – und vielleicht auch vor ihr?

Es sprudelt kein Fluss für mich (The River Wonʼt Flow): Vier Menschen mit unterschiedlichem Background haben ihren Job verloren und resignieren. Sie fragen sich, wieso es ihnen trotz Leistung und Engagement nicht gelingt, erfolgreich zu sein. Als Schlussfolgerung stellen sie fest, dass es einzig das Glück im Leben ist, was wirklich zählt.

Sterne und Mond (Stars and the Moon): Eine Frau lässt ihr Liebesleben Revue passieren. Sie schlug die Anträge von Männern aus, die ihr ‚nur‘ leidenschaftliche Liebe, Treue und gemeinsame Abenteuer abseits des großen Reichtums bieten konnten. Sie wollte jedoch lieber eine Yacht und Champagner und entschied sich darum für den Mann mit Geld. Rückblickend bereut sie dies, da es nun niemanden mehr gibt, der ihr den Mond vom Himmel holt.

Sie weint (She Cries): Wer kennt es nicht – kurz vor dem Schlafengehen hat der/die Partner:in mal wieder einen heftigen Streit vom Zaun gebrochen. Alle negativen Gefühle kommen hoch und man wird sich seines Zweifels am Fortbestand der Beziehung gewärtig. Doch sobald der Mann in dieser Geschichte die Tränen seiner Frau sieht, wird er schwach: Der Hass schlägt um in Liebe und der Ärger ist vergessen.

Der Dampfzug (The Steam Train): Ein junger Mann träumt von einer strahlenden Karriere als Football-Star. Doch der Weg dahin ist steinig: Er kommt aus der Bronx, sein Elternhaus ist zerrüttet und die meisten seiner Freunde im Gefängnis oder tot. Doch er glaubt fest daran, dass man eines Tages über ihn spricht und alle Welt ihn kennt.

Die Welt tanzte (The World Was Dancing): Eine Frau wartet sehnsüchtig darauf, dass ihr Verlobter bald zu ihr kommt. Dieser hadert jedoch mit seiner eigenen Familiengeschichte: Das berufliche Scheitern des Vaters hat ihn zutiefst verunsichert und er schafft es nicht mehr aus eigener Kraft, damit umzugehen. Die Angst vor dem eigenen Versagen sitzt tief und belastet seine eigene Beziehung.

Surabaya Santa (Surabaya-Santa): Die Frau des Nikolauses hatte sich einst auf den ersten Blick in ihn verliebt und ist ihm mit ihrer rosaroten Brille an den Nordpol gefolgt. In dessen eisiger Kälte musste sie jedoch feststellen, dass der zum Schwermut neigende Mann sie links liegen lässt und der Einsamkeit ausliefert. Weil sie dies nicht mehr ertragen kann, verlässt sie ihn.

Wiegenlied zu Weihnacht (Christmas Lullaby): Eine Frau hat keine rosigen Zukunftsaussichten, dennoch ist sie voller Vertrauen und Zuversicht. Sie glaubt daran, dass der Himmel einen Plan für sie hat.

König der Welt (King of the World): Ein Mann befindet sich am Rande der Gesellschaft und kann nicht verstehen, dass er von ihr ausgeschlossen wird. Er ist fest davon überzeugt, dass er die Welt verbessern und der „Herr übers All“ werden wird.

Das alles gäb ich her (Iʼd Give It All For You): Nach seiner Trennung versucht ein Paar den Neustart: Er kaufte sich ein großes Haus, sie ging auf Reisen. Doch beide mussten feststellen, dass sie sich eigentlich nur gegenseitig brauchen, um glücklich zu sein. Sie treffen sich, um wieder zueinander zu finden.

Die Flaggenmacherin 1775 (The Flagmaker, 1775): Die Frau eines amerikanischen Soldaten wartet voller Sorge auf das Ende des Krieges und die Rückkehr ihres Mannes. An dieser Stelle vernachlässigt die Inszenierung die angegebene Jahreszahl und bezieht sich vielmehr auf den Vietnamkrieg, der uns heute einfach näher ist als der Unabhängigkeitskrieg. Statt sie zu nähen, bemalt diese Frau ihre Flagge, vielleicht um aus patriotischer Liebe zu ihrem Land für Liebe und Freiheit zu demonstrieren.

Ich fliege heim (Flying Home): Ein Mann verliert im Krankenhaus den Kampf gegen den Tod und folgt dem Ruf des Engels. Dabei verspürt er jedoch keine Angst sondern ist voller Vorfreude darauf, ‚nachhause‘ zu kommen.

Hör mein Lied (Hear My Song): Am Ende schließt sich der Kreis: Wir kehren zurück an Bord des Schiffes, das die Geschichten seiner Passagiere in sich trägt. Die vier Reisenden sind zu der Erkenntnis gekommen, dass man mit einer schönen und unerforschten neuen Welt belohnt wird, wenn man sich im Augenblick der Entscheidung traut, einen Schritt zu machen.

) Es wird groovy: Eine Band im Orchestergraben

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Die meisten Musicalkomponist:innen setzen auf eine starke Orchester- oder zumindest größere Bandbesetzung – nicht so Jason Robert Brown. Selbst aktiver Musiker (u. a. in seiner eigenen Band ‚The Caucasian Rhythm Kings‘) ist er ein begnadeter Pianist und komponiert seine Werke von seinem Instrument aus. Bei der Uraufführung von Songs For A New World spielte er gar selbst Klavier in der Band. Diese besteht aus gerade einmal fünf Musiker:innen (damit so ganz nebenbei auch wunderbar Corona-konform einsatzbar), genauer gesagt aus den Instrumenten Klavier, Schlagzeug, Bass, Percussion und Keyboard. Mit dieser kleinen Combo im Orchestergraben ist das Stück ein echtes Bandmusical – und beschert seinen Zuhörer:innen dadurch eine ganz besondere Soundkulisse. Wie bereits angedeutet, fällt dem Klavier in dieser Konstellation eine besondere Rolle zu: Der Musikalische Leiter des Abends, Kapellmeister Christoph JK Müller, führt am Flügel sitzend einerseits durch die rhythmisch äußerst komplexen Nummern, andererseits muss er sich aber auch selbst auf die hoch virtuosen Passagen auf seinem Instrument konzentrieren: Das Klavier hat an diesem Abend keine fünf Sekunden Pause! Als zweites Tasteninstrument ist ein Keyboard im Einsatz, das Jason Robert Brown auf sehr intelligente Weise verwendet. Es kann mit seinen zahlreichen Klängen nicht nur verschiedene Instrumente ersetzen (z. B. Horn oder Streichertremoli), sondern auch mit elektronischen Effekten ganz neue Ergebnisse erzeugen. Auch wenn ein Keyboard optisch vielleicht eher unscheinbar daher kommt und vielen noch aus der Jugend bestens vertraut sein könnte, so ist es in dieser Band eine hochkomplexe Angelegenheit. Das Instrument, wie es für einen Abend wie Songs For A New World nötig ist, besitzt die Oper gar nicht selbst, da hier ja für gewöhnlich die Dortmunder Philharmoniker im Graben sitzen. Es muss jedoch nicht nur geliehen werden, sondern auch von einer Expertin programmiert werden: In diesem expliziten Fall hat es ganze 34 Stunden gedauert, bis die über 200 Sounds des Musicals eingespeichert waren. Um sie am Abend abzuspielen hat das Keyboard ein Pedal zur Soundaktivierung, mit dem die verschiedenen Effekte nacheinander abgerufen werden können – ein eigenes Klanguniversum für sich! Die Musikstile, die Jason Robert Brown einsetzt, kommen in erster Linie aus zwei Hauptrichtungen, die sich dennoch nie abnutzen: Pop und Blues. Zum ersten Genre zählen u. a. Balladen wie „Ich hab nie Angst“ (mit Folk Rock-Anklängen), „Sie weint“, „Sterne und Mond“ oder „Die Welt tanzte“. Zum zweiten gehören u. a. die Nummern „Auf dem Deck eines spanischen Segelschiffes, 1492“, „Es sprudelt kein Fluss“ und „Der Dampfzug“. Dies lässt sich jedoch noch weiter spezifizieren: Das Opening „Die Neue Welt“ kommt als eine Art Beat-Musik mit rockigen Elementen daher, das Metrum wird durch den gleichen Rhythmus  verstärkt – hier drängt alles nach vorn in eine ungewisse Zukunft! Das zweite Stück, „Auf dem Deck eines spanischen Segelschiffes, 1492“, kommt aus der RnB-Richtung und ist stark an Gospel angelehnt. Die vorletzte Nummer hingegen, „Ich fliege heim“, beginnt als typische Ballade, geht dann jedoch in einen groovigen Funk-Abschnitt über. Ebenfalls mit funkigen Stilmitteln kommt der temporeiche „Dampfzug“ daher. Der intensive dritte Song „Nur ein Schritt“ erklingt zu jazzigen Rhythmen und ebenso komisch, wie die Szene angelegt ist, beinhaltet auch die Musik ein Augenzwinkern: Hier verwendet Jason Robert Brown einen Walking Bass – durchaus möglich, dass dies ein bitterböser musikalischer Kommentar zum letzten Schritt über das Hochhausdach ist. All diese Stile sind typisch für den Melting Pot New York und prägen die kulturelle Vielfalt der Stadt.

7) Eine wahres Verkleidungsfest: Kostümschlacht auf offener Bühne

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Bei einem Stück, das als semikonzertanter Liederabend angelegt ist und in dem in jeder Nummer neue Figuren auftauchen, braucht es ein ausgefeiltes Kostümbild, um die Geschichten lebendig werden zu lassen. Darum entwickelten Kostümbildner Falk Bauer und Regisseur Gil Mehmert für jede der 16 Szenen ein eigenes Konzept und schufen so für jede Nummer individuelle Rollen. Es gibt kaum ein Kostümteil, das zweimal vorkommt – dies macht auch optisch klar, dass jeder Song für sich alleine steht und in sich geschlossen ist. Das führt dazu, dass die vier Protagonist:innen innerhalb der 85-minütigen Vorstellung in (nach aktuellem Stand) sage und schreibe 46 Kostüme schlüpfen müssen! Im Schnitt besteht dabei jedes Kostüm aus mindestens drei Teilen; manchmal ist es nur ein Nachthemd, manchmal jedoch ein kompletter Anzug. Neben den Schuhen, die jeweils in verschiedenen Nummern verwendet werden, gibt es ein Kostüm der Rahmenhandlung, das – dramaturgisch bedingt – zweimal auftaucht, eben zu Beginn und am Ende. Die große Herausforderung für die Darsteller:innen ist es nun in dieser Inszenierung (neben dem höchst anspruchsvollen Gesang und der temporeichen Regie), ihre diversen Umzüge in Windeseile und (nach aktuellem Stand) vollkommen alleine zu bewältigen. Für gewöhnlich gibt es je nach Komplexität des Kostüms ein:e bis drei Ankleider:innen, die den Sänger:innen bei schnellen Umzügen helfen. Da nun aber durch Corona der körperliche Kontakt so reduziert wie möglich sein muss und die Künstler:innen die Bühne während des gesamten Abends nicht verlassen, sieht es das Konzept vor, dass in dieser Inszenierung auf die Kolleg:innen verzichtet wird. So müssen die Sänger:innen also nicht nur das Geschehen unmittelbar auf der Bühne genauestens proben, sondern auch ihre Umzüge, die in teilweise schier irrwitzigem Tempo vonstattengehen müssen. Da muss jeder Handgriff exakt sitzen und die Einrichtung der einzelnen Kostümteile penibel festgelegt sein. Einige Kleidungsstücke werden in großen Seesäcken von den Darsteller:innen selbst auf die Bühne gebracht und auch hier zählt vollste Konzentration: Die Kostümassistent:innen René Neumann und Jenny Burke müssen sie im Vorfeld chronologisch rückwärts packen, damit die Kleider während der Vorstellung in der richtigen Reihenfolge hervorholbar sind. Doch die Kostümabteilung kennt natürlich einige Tricks, um so schnelle Umzüge (auch Quick-Changes genannt) wenigstens etwas angenehmer zu gestalten. (Der aufwendigste Umzug an diesem Abend darf übrigens nicht länger als rund eine Minute dauern, raten Sie doch mal, welcher es ist!) Damit die Kleidung so schnell wie möglich abgeworfen werden können, wird mit vielen Druckknöpfen und Klettverschlüssen gearbeitet. Die Reißverschlüsse vor allem am Rücken werden vergrößert und mit einem extra Bändchen versehen, damit es die Sänger:innen packen können, um z. B. lange Kleider selbst zu öffnen, ohne sich einen Arm auszukugeln. Ebenso werden überwiegend durchgehende Reißverschlüsse verwendet, damit das Kleidungsstück mit einer einzigen Bewegung komplett geöffnet und dann einfach beiseite geworfen werden kann. Außerdem werden an den Schuhen Gummibänder als Schnürsenkelersatz eingesetzt, damit auch hier keine wertvollen Sekunden durch umständliches Gefummel verloren werden. Ein besonderes Highlight sind ein Paar schwarze Flügel, die für die Produktion angefertigt werden: Die ein Meter langen Federn werden aus einem speziellen Stoff angefertigt, an besondere Stäbe genäht, die man nur im Drachenbastelladen kaufen kann, und schließlich einzeln an den Corpus angenäht. Zu guter Letzt noch ein kleiner Funfact: Eines der Kostüme hat bereits in der Spielzeit 2019/20 eine exponierte Rolle in der West Side Story gespielt und darf nun einen zweiten Auftritt hinlegen. Erkennen Sie es wieder?

8) Eine frustrierte Weihnachtsfrau: „Surabaya Santa“


Frau Nikolaus © Angela Rose (Pixabay)

Ein Song sticht etwas unter den anderen hervor: der von Frau 2 gesungene „Surabaya Santa“. In dieser bitterbösen Comedy-Nummer wird eine fest in unserer Kultur verhaftete Ikone – nämlich niemand geringeres als der Nikolaus selbst – in einen skurrilen Kontext versetzt. XPrague Seine frustrierte Ehefrau sitzt Jahr für Jahr alleine unter dem Weihnachtsbaum und muss feststellen, dass von der einstigen Verliebtheit nicht mehr viel übrig geblieben ist. Sie fühlt sich vernachlässigt und ungeliebt und lässt ihren Gefühlen in diesem Lied ungefiltert freie Bahn. Doch was will uns Brown mit dem Titel „Surabaya Santa“ sagen? Hierfür muss man etwas in die Musikgeschichte eintauchen – dies ist zwar absolut nicht nötig, um Spaß an der Nummer zu haben, aber es kann ebenso wenig schaden, diese kleine Hintergrundinformation im Kopf zu haben. Man könnte diesen Songtitel als Insiderwitz bezeichnen, denn Brown zitiert damit den Stücktitel „Surabaya Johnny“ – eine Nummer aus dem MusicalHappy End von Kurt Weill und Bertolt Brecht aus dem Jahr 1929. Das Lied handelt von einem jungen Mädchen, das sich in einen charmanten Typ verliebt, der sie liebt, belügt, betrügt und verlässt; dennoch kann sie nicht aufhören ihn zu lieben. Das ganze spielt in der exotischen indonesischen Küstenstadt Surabaya. Auch mit seiner Musik rekurriert Brown auf Weills dekadenten, dissonanten Nachtclub-Stil, dessen sich ebenfalls John Kander für sein Musical Cabaret bediente. (kleine Info am Rand: Die für die Spielzeit 2020/21 ursprünglich geplante Neuproduktion von Cabaret an der Oper Dortmund wurde Corona-bedingt auf 2021/22 verschoben)

9) Ein Regisseur als Bühnenbildner: Gil Mehmerts vielseitige Talente

Gil Mehmert © Brinkhoff Mögenburg

Auch wenn diesen Satz mittlerweile vermutlich niemand mehr hören oder lesen kann: Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. So war es auch im Fall des Bühnenbildes für Songs For A New World: Da die Entscheidung, dass das ursprünglich geplante Cabaret nicht stattfinden kann, ziemlich kurzfristig gefällt werden musste, blieb nicht mehr viel Zeit, um ein neues Konzept für ein neues Stück zu entwerfen. Da während des Lockdowns die gewohnte Teamarbeit ebenfalls nicht stattfinden konnte, war er es eine pragmatische, aber durchaus naheliegende Entscheidung, Gil Mehmert nicht nur mit dem Erstellen des Regiekonzeptes zu betrauen, sondern ebenfalls mit dem Entwerfen des Bühnenbildes. Auf diese Weise konnten bereits in der Entwicklungsphase die komplizierten Corona-Richtlinien für Regie und Bühne gleichermaßen berücksichtigt werden und diese sich gegenseitig unterstützend konzipiert werden. So gibt es für Songs For A New World nun ein Bühnenbild, das alle szenischen Bedürfnisse erfüllt und auch selbst eine eigene Sprache spricht. Am augenscheinlichsten ist das große Baugerüst, das die Bühnenmitte dominiert. Eine Inspiration dazu war ein Bild des großen Blues-Sängers Otis Redding, der manche seiner Konzerte vor einer solchen Kulisse aufführte. Ebenso erinnert es aber auch an die stetig (nicht nur nach oben) wachsende Stadt New York, deren Gebäude immer wieder in solchen Gerüsten stecken. Durch seine verschiedenen Ebenen ermöglicht dieses ‚Lebensgerüst‘ ein gleichzeitiges Singen mit dem notwendigen Abstand und kann gleichzeitig die Überlagerung verschiedener inhaltlicher Ebenen verdeutlichen. (Kleiner Funfact am Rande: Es ist wirklich ein originales Baugerüst, dass extra für die Dauer der Show angemietet wurde.) Als Spielfläche davor gibt es ein rautenförmiges Podest, das sich sehr variabel verändern kann. Als sich durch die Handlung ziehender roter Faden ist es mit einem großen Kompass bemalt, dessen vier Himmelsrichtungen einerseits auf die vier Protagonist:innen anspielen könnten, andererseits aber auch das Gefühl der Reise in unbestimmte (Himmels-)richtungen veranschaulichen. Dieses Plateau kann durch das Hochklappen der Seitenverdeckung zum Deck eines Schiff werden, genauso verwandelt es sich aber auch in eine Bar, einen Burgerladen oder ein Restaurant. Wenn dann noch die Bühnenebene bespielt wird, so gibt es genug Bewegungsraum, dass sowohl corona-konform gesungen als auch getanzt werden kann. Darüber hinaus hat das Bühnenbild natürlich noch die ein oder andere Überraschung in petto, die man nur beim Besuch einer Vorstellung erleben kann.

10) Zu Gast in Dortmund: Ein Musicalquartett der Superlative

Wie gewohnt sind an der Oper Dortmund echte Größen der Szene zu Gast, wenn wieder einmal ein Musical auf dem Spielplan steht. Drei der vier Sänger:innen dürften dem Publikum bereits bestens bekannt sein: Bettina Mönch, Sybille Lambrich und David Jakobs konnten in der Ruhrmetropole ihr Können bereits mehrfach in ausverkauften Vorstellungen unter Beweis stellen.

Frau 1: Sybille Lambrich

Sybille Lambrich © Dorothea Baumann

Mit DER Musicalhauptrollen aller Musicalhauptrollen gab Sybille Lambrich ihr Debüt in Dortmund: Sie sang 2019/20 die Zweitbesetzung der Maria in der Neuproduktion von West Side Story. Doch schon während ihres Musicalstudiums an der Bayerischen Theaterakademie August Everding sammelte sie mit einem großen Klassiker Bühnenerfahrung, denn sie spielte die Polly Peachum in Brechts Die Dreigroschenoper sowohl am Münchner Volkstheater sowie am Nationaltheater Mannheim. Dass sie über eine bestens ausgebildete und ausgezeichnete Stimme verfügt, bewies sie mit dem 1. Preis bei der International Singing Competition Singing Mask, einem prestigeträchtigen Gesangswettbewerb in St. Petersburg. Mit dieser Basis standen ihr nach dem Studium alle Türen zu einer großartigen Karriere offen, so führten Engagements sie u. a. an die Theater in Aachen, Trier, Lübeck, Duisburg, Darmstadt, Magdeburg, Bonn sowie zu den Schlossfestspielen Ettlingen. Die Rollen, die sie dabei verkörpert, können sich sehen lassen; Sybille Lambrich war bereits u. a. als Hexe in Into the Woods, Anne Egerman in Das Lächeln einer Sommernacht, Mimi Marquez in Rent, Fee aus dem See in Monty Python’s Spamalot und Ariel Moore in Footloose zu erleben. Mit Shrek – Das Musical tourte sie in diversen Theatern in Deutschland, Österreich und der Schweiz und gastierte mit Mozart! in Shanghai. Zuletzt brillierte sie am Staatstheater Saarbrücken als Annett in der Deutschen Erstaufführung von Marguerite .

Frau 2: Bettina Mönch

Bettina Mönch © Isabell Schatz

Das Dortmunder Debüt von Bettina Mönch war besonders eindringlich: Als vom Schicksal gebeutelte Prostituierte Lucy in der aufsehenerregenden Produktion von Jekyll & Hyde bewies sie nicht nur ihr tänzerisches Talent, sondern berührte das Publikum mit ihrem eindringlichen Spiel. Die Münchnerin studierte am Konservatorium in Wien und schloss ihre Ausbildung in den Bereichen Musical, Operette und Chanson mit Auszeichnung ab. Sie stellte ebenfalls ihr stimmliches Können unter Beweis: Der 1. Preis beim Bundeswettbewerb Gesang in Berlin 2007 belegt ihre herausragenden Qualitäten. Mittlerweile war Bettina Mönch schon in vielen der bedeutsamsten und beliebtesten Musicals zu erleben und erarbeitete sich so ein vielseitiges Repertoire, auf das sie nun zurückgreifen kann. In Elton Johns Aida gab sie die Antagonistin Amneris und war damit u. a. in Essen, Berlin, München, Bregenz und Basel zu sehen. Große Erfolge feierte sie als Ulla in der Deutschen Erstaufführung von Mel Brooks’ The Producers am Wiener Ronacher und im Berliner Admiralspalast. Weitere Engagements führten sie u. a. als Lisa in Jekyll & Hyde ans Saarländische Staatstheater, als Bianca in Kiss Me, Kate und Polly in Die Dreigroschenoper ans Salzburger Landestheater, als Gloria Mills in Axel an der Himmelstür an die Volksoper Wien und als Lina Lamont in Singinʼ in the Rain an die Oper Graz. Beim DomplatzOpenAir Magdeburg stand sie als Fantine in Claude-Michel Schönbergs Les Misérables auf der Bühne, bei den Bad Hersfelder Festspielen verkörperte sie Sheila in Hair und Sally Bowles in Cabaret – eine Rolle, die sie auch an der Volksoper Wien spielte. Sie ist regelmäßig zu Gast am Münchener Staatstheater am Gärtnerplatz und war dort u. a. als Sheila in Hair, Maria Magdalena in der Rockoper Jesus Christ Superstar und Claire de Loone in On The Town zu sehen. Eine ihrer wichtigsten Rollen, die Titelpartie aus Evita, interpretierte sie an den Vereinigten Bühnen Wien, der Oper Graz und der Oper Bonn. An letztgenanntem Theater ist sie als Elisabeth in Mel Brooks’ Young Frankenstein besetzt.

Mann 1: David Jakobs

David Jakobs © privat

Der aus Mönchengladbach stammende David Jakobs stand schon mehrfach auf der Bühne des Dortmunder Opernhauses. Mit so abwechslungsreichen Partien wie Jerry Lukowski (The Full Monty), Judas Ischariot (Jesus Christ Superstar) und nicht zuletzt die nervenaufreibende Doppelrolle von Dr. Jekyll und Mr. Hyde rief er wahre Begeisterungsstürme hervor und kann mittlerweile zurecht eine beachtliche Fan-Base sein Eigen nennen. Während seines Studiums in Gesang, Tanz und Schauspiel an der Folkwang Universität der Künste war David Jakobs als Roger (Rent) am Deutschen Theater München sowie als Rob Gordon bei der europäischen Erstaufführung von High Fidelity zu sehen. Anschließend gastierte er am Düsseldorfer Schauspielhaus in diversen Stücken. Es folgten zahlreiche Hauptrollen an Staats-, Stadt- und Landestheatern im deutschsprachigen Raum. So verkörperte er u. a. Judas Ischariot (Jesus Christ Superstar) neben Dortmund auch in verschiedenen Inszenierungen in Bremerhaven, an der Oper Bonn und am Theater Basel. Er spielte in The Who’s Tommy am Stadttheater Bielefeld und war bei der deutschsprachigen Erstaufführung von Tschitti Tschitti Bäng Bäng am Gärtnerplatztheater München zu sehen. 2014 war David Jakobs in Hamburg als Bruno Lubanski bei der Uraufführung von Das Wunder von Bern am Stage Theater zu erleben, wofür er 2015 mit dem Deutschen Musical Theater Preis als „Bester Nebendarsteller“ ausgezeichnet wurde. Weitere seiner Partien sind Claude (Hair), Ché (Evita), Enjolras (Les Misérables), Luigi Lucheni (Elisabeth) und Frank W. Abagnale Junior (Catch Me If You Can). Vor allem die Übernahme der Titelrolle Quasimodo im Disney-Musical Der Glöckner von Notre Dame  verbunden mit Aufführungen am Stage Theater des Westens Berlin, am Deutschen Theater München sowie in Stuttgart brachten ihm deutschlandweite Bekanntheit. Heute ist David Jakobs einer der gefragtesten Musicalsänger, weil er das Publikum nicht nur mit seiner bombastischen Stimme begeistert, sondern mit seinem großen schauspielerischen Talent jede Rolle spielen kann, die man ihm vorlegt.

Mann 2: Rob Pelzer – erstmals an der Oper Dortmund

Rob Pelzer © Christian Hartmann

Der in der Niederlande geborene Musicaldarsteller Ron Pelzer gibt mit Songs For A New World sein Debüt an der Oper Dortmund. Seine künstlerische Ausbildung erhielt er in den prestigeträchtigen Musical-Metropolen Amsterdam, London und Wien. 2012–2018 war er Mitglied des damals neugegründeten Musicalensembles am Landestheater Linz und in fast allen dortigen Produktionen in einer Hauptrolle besetzt, wie als Robert in Company, Bäcker in Into the Woods, Thénardier in Claude-Michel Schönbergs Les Misérables sowie Otto Kringelein in Maury Yestons Grand Hotel. 2017 erhielt er als Linzer Publikumsliebling die Richard-Tauber-Medaille der Musiktheaterfreunde und wurde für seine Rolle als Passepartout in der Uraufführung von Gisle Kverndokks In 80 Tagen um die Welt mit dem Deutschen Musicaltheaterpreis ausgezeichnet. Doch auch über die österreichischen Grenzen hinaus machte sich Rob Pelzer einen Namen: Er gastierte am Stadttheater Bozen als Stride in Jekyll & Hyde, in Antwerpen als Romeo in Gérard Presgurvics Roméo et Juliette, de la Haine à l’Amour, an der Oper Graz in Gigi und als Nathan Detroit in der Erstaufführung von Guys and Dolls sowie mit den Vereinigten Bühnen Wien in China. Am Theater an der Wien spielte er Wolfgang Mozart (alternierend) in der Uraufführung von Mozart! am Ronacher sowie am Berliner Admiralspalast Carmen Ghia in Mel Brooks’ The Producers und im Palais Novak KLM-Steward Joop in Boeing Boeing Andersrum. Zuletzt war er als Carl Hanratty in Catch Me If You Can an den Staatstheatern Nürnberg und Darmstadt zu erleben sowie als Dufayel/Collignon in Die fabelhafte Welt der Amélie im Werk7 Theater in München. Neben seiner Arbeit auf der Bühne unterrichtet er am Fontys Konservatorium in Tilburg und synchronisiert in Holland zahlreiche Rollen für Fernsehen, Hörspiel und Film. Wem dies als Infos über den Dortmunder Musical-Neuzugang noch nicht reicht: Er kocht sehr gerne, am liebsten isst er Italienisch und trinkt einen sehr guten Espresso mit Hafermilch. Er lebt mit seiner Freundin, die auch auf der Bühne steht, in einer der schönsten Städte Europas, nämlich Wien. Aber er liebt auch Amsterdam, Venedig, Rom und Paris. Privat hört er gerne Astor Piazzolla oder Roger Cicero, singt Chansons und spielt Akkordeon. Die Arbeit von Anselm Kiefer sieht er als große Inspiration. An anderen Menschen schätzt er Humor, Persönlichkeit und Durchhaltevermögen. Wäre er nicht Sänger geworden, so hätte es ihn auch gereizt, Modedesigner oder Kostümbildner zu werden. Sein Lebensmotto: Mach alles was du machst bewusst und mit Liebe!

Titelbild: Die Skyline von New York © David Mark (Pixabay)

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