FSJlerin Sophie Marie Stein begleitet als Regieassistentin die partizipative Produktion "Die Piraten von Penzance" und hat drei Produktionsmitglieder zum Interview geladen: Regisseur Alexander Becker, Stückdramaturg Daniel Andrés Eberhard und Musikalischer Leiter Stefan Scheidtweiler!
10 Dinge, die man über „Hamlet – Sein oder Nichtsein“ wissen sollte
Die Ursprünge des Hamlet
Selbst wenn man das Shakespeare-Drama nicht kennt, weil es im Englischunterricht nicht vorkam, haben die meisten Menschen bei der Erwähnung des Namens Hamlet ein Bild im Kopf: ein schwarzgewandeter, blasser, junger Mann hält einen Totenschädel in der Hand und stellt die Frage: „Sein oder Nichtsein?“ Was zu dieser Frage führt ist die Geschichte des dänischen Prinzen, dessen Onkel seinen Vater töten lässt, die Mutter heiratet, ihm den Thron streitig macht und nach dem Leben trachtet. Diese Geschichte taucht bereits in einer altisländischen Saga und in der altnordischen Literatur auf, Saxo Grammaticus ist der Autor von „Amlethus, Prinz von Dänemark.“
Der Shakespeare’sche Hamlet
Mit Hamlet hat William Shakespeare eine Figur geschaffen, die ähnlich wie Faust oder Don Quichote zur Ikone der europäischen Literatur geworden ist. In seinem Drama stellt er dem idealistischen, sensiblen Hamlet den machthungrigen, pragmatischen Claudius gegenüber. Sie vertreten das Prinzip der Tugend gegen das Prinzip der Heimtücke. Gertrud, die Mutter Hamlets und Ophelia, seine Vertraute und Geliebte, spielen Nebenrollen.
Hamlet im kulturellen Gedächtnis
In Romanen, Opern und Verfilmungen ist der Hamlet-Mythos immer wieder verarbeitet worden. Zuletzt haben sich die Komponisten Christian Jost und Anno Schreier dieser Figur angenommen, die durch ein schockierendes Erlebnis aus allen Sicherheiten herausgerissen und in das Chaos des Lebens geschleudert wird. Timo Jouko Herrmann und André Meyer beschreiben einen jungen Mann, der nach dem Tod des Vaters mit dem furchtbaren Verdacht, dass es sich um Mord handeln könnte, nicht umgehen kann. Er verschließt sich der Außenwelt und kreist schließlich nur noch in seinen eigenen Gedanken.
Das berühmteste Selbstgespräch der Theatergeschichte
Hamlet spricht seinen berühmten Monolog „Sein oder nicht sein“ zu einem Zeitpunkt, da für ihn klar ist, dass sein Onkel Claudius der Mörder seines Vaters ist. Es geht für ihn um die Frage, ob es leichter ist, das eigene Schicksal, also das Leben oder den eigenen Tod zu ertragen. Dem bevorstehenden Leben, das mit Leiden und Pflichten verbunden ist, möchte er am liebsten durch den Tod entfliehen. „O schmölze doch dies allzu feste Fleisch, zerging und löst in einen Tau sich auf! Oder hätte nicht der Ew’ge sein Gebot gerichtet gegen Selbstmord! Sterben, schlafen, nichts weiter. Ruhestand mit einer Kugel. Gedanken kreisend. Nichtsein! Damit ist für ihn in der Kammerjugendoper die Entscheidung gefallen.
Der Zitatenschatz
Hamlets Sätze haben sich über die Jahrhunderte hinweg in unserer Sprache verankert, auch wenn wir sie nicht mehr eindeutig mit ihm verbinden. „Sein oder Nichtsein“, „Es ist was faul im Staate Dänemark“ oder „Der Rest ist Schweigen“ sind zu stehenden Redewendungen geworden. Hier einige weitere Zitate zum Schlaumeiern:
„Bereit sein ist alles“
„Im Schwachen wirkt die Einbildung am stärksten“
„Ist dies schon Tollheit, hat es doch Methode“
„Es gibt mehr Dinge im Himmel und auf Erden, als eure Schulweisheit sich träumt.“
„Die Zeit ist aus den Fugen“
„Wenn die Leute nur dann redeten, wenn sie etwas zu sagen haben, würden die Menschen sehr bald den Gebrauch der Sprache verlieren“
„Nennt mich was für ein Instrument ihr wollt, ihr könnt mich zwar verstimmen, aber nicht auf mir spielen.“
Sprachlosigkeit und die Stimmen im Kopf
Während der Hamlet des Shakespeare-Dramas seinen Wahnsinn als Waffe einsetzt, um dem Mord an seinem Vater auf den Grund zu gehen, schleicht sich der Wahnsinn leise und stetig in die Hauptfigur dieser Oper. Ein Gespräch mit den „neuen“ Eltern Gertrud und Claudius kommt trotz deren Bemühungen nicht zustande. Eltern und Kind stehen sich verständnislos gegenüber. Statt Fragen und Interesse nur Anschuldigungen und Rückzug auf beiden Seiten. „Immer wieder diese Stimmen“ und sie schreien „Mord, Schuld, Rache“.
Die Kooperation der Jungen Oper mit dem Kinder- und Jugendtheater
Bereits mehrfach arbeiteten die Junge Oper und das Kinder- und Jugendtheater erfolgreich zusammen. Dies ermöglichte Produktionen wie „Carmen – Außer Kontrolle“ im Kinder- und Jugendtheater oder „Sneewitte“ in der Jungen Oper, die jungen Zuschauern einen Zugang zum zeitgenössischen Musiktheater erschlossen. Die Kammerjugendoper „Hamlet – Sein oder Nichtsein“ setzt diesen Weg fort. Mit einer kammerorchestralen Besetzung der Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Ingo Martin Stadtmüller, Mitgliedern des Opernchores, Sängern und Schauspielern entsteht eine spannende Fassung der Hamlet-Geschichte, die Jugendlichen den Konflikt aber auch das Musiktheater näher rückt.
Der Komponist Timo Jouko Herrmann
Timo Jouko Herrmann (*1978 in Heidelberg) studierte Komposition bei Ulrich Leyendecker an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim. Weitere wichtige Impulse und Anregungen erhielt er von den Komponisten Hermann Schäfer, Krzysztof Meyer, Detlev Glanert, Roberto Doati und Wladimir Zagorzew. Ein Promotionsstudium in Musikwissenschaft absolvierte er bei Hermann Jung.
Einige Höhepunkte seiner bisherigen künstlerischen Laufbahn waren die Premiere der Kammeroper „Unreine Tragödien und aussätzige Dramatiker“ an den Städtischen Bühnen Heidelberg, die Aufführung seiner Kadenzen und Eingänge zu Mozarts Fagottkonzert bei den Salzburger Festspielen mit dem Fagottisten David Petersen und der Camerata Salzburg unter Leitung von Sir Roger Norrington, ein literarisch-musikalisches Projekt mit der Schauspielerin Heike Makatsch und Mitgliedern der Heidelberger Sinfoniker sowie die mehrfache Aufführung seiner Fabeln nach Jean de La Fontaine am Gewandhaus zu Leipzig.
„Hamlet- Sein oder Nichtsein“ ist seine erste Arbeit für die Oper Dortmund.
Der Regisseur Ronny Jakubaschk
Ronny Jakubaschk studierte Dramaturgie in Leipzig. Nach seinem Studium arbeitete er zunächst als Regieassistent am Staatstheater Cottbus, am Schauspiel Frankfurt und am Wiener Burgtheater. Von 2006 bis 2009 war er fester Regieassistent und Regisseur am Maxim Gorki Theater Berlin. Zusammenarbeit u.a. mit Sebastian Baumgarten, Jan Bosse, Vera Nemirowa, Stefan Pucher und Armin Petras. Seit 2009 inszeniert er als freischaffender Regisseur u.a. am Theater Basel, am Schauspiel Frankfurt, am Maxim Gorki Theater Berlin, am Theaterhaus Jena, am Volkstheater Rostock und am Theater Aachen.
Für die Junge Oper Dortmund inszenierte Ronny Jakubaschk bereits die Kinderoper „Schaf“, „Der kleine Barbier oder Eine haarige Angelegenheit“ und „Der unglaubliche Spotz“.
Der Sänger der Titelpartie Fabio Lesuisse
Der belgische Bariton Fabio Lesuisse studierte an der HfMT Köln bei Prof. C. Kunz-Eisenlohr und studiert derzeit bei Prof. M. Gehrke an der HfM Franz Liszt in Weimar. Im Laufe seines Studiums wirkte er bereits in zahlreichen Konzerten und Opernprojekten mit. So sang er u.a. Papageno („Die Zauberflöte“), Demetrius („A Midsummer Night’s Dream“), wirkte an einer szenischen Aufführung von Schuberts Winterreise mit und verkörperte den Leopold Im weißen Rössl. Im vergangenen Jahr war er als Gast am Theater Aachen in der Rolle des Sciarrone („Tosca“), als Jacob („Gold“), sowie als Ramiro („L’heure espagnole“) zu erleben. 2015 gewann er den Bach-Wettbewerb in Barcelona und war Jahresstipendiat der BZM Organisation. In der Spielzeit 2016/17 führen ihn Engagements ans Theater Aachen („Gold“), als Hamlet an die Oper Dortmund, sowie als Ned Keene („Peter Grimes“) an die Oper Bonn.
Hamlet hält beim Monolog “Sein oder nicht sein…” (Dritter Akt, erste Szene) keinen Totenschädel in der Hand. Zumindest gibt es dazu von Shakespeare keine Regieanweisung. Das mit dem Totenschädel kommt erst im fünften Akt, erste Szene.